Wie "Gewaltfreie Kommunikation" bei Streit in der Familie helfen kann
Marshall Rosenberg wuchs im Detroit der der 1930er und 40er Jahre auf und wurde durch eine nicht gerade gewaltfreie Kindheit und Jugend geprägt. Später engagierte er sich in Bürgerrechts- und Studentenbewegungen. Er wurde Psychologe und entwickelte schließlich das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation. Seine Methode zur gewaltfreien Konfliktlösung hat bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren.
Denn wenn eine*r Recht hat und der/die andere nicht, dann gibt es Sieger*innen und Verlierer*innen. Diejenigen, die bekommen, was sie wollen, und diejenigen, die leer ausgehen. Das führt nicht zu Frieden, Harmonie und Glück. Nach Rosenberg gelingt eine Kommunikation nur dann, wenn wir uns empathisch in unser Gegenüber einfühlen, ehrlich von uns und unseren Gefühlen sprechen und auch deutlich ausdrücken, was wir uns von unserer*m Gesprächspartner*in wünschen.
DIE 4 STUFEN DER Gewaltfreien Kommunikation NACH ROSENBERG:

Die eigene Beobachtung
z.B.: „Ich bin gestern nach Hause gekommen und im Wohnzimmer sind Bücher, Gewand und Essensreste durcheinander gelegen.“

Das Gefühl
z.B. „Da ich müde war und mich auf einen gemütlichen Abend gefreut habe, hat mich das wütend und traurig gemacht.“

... das hinter dem Gefühl steht.
z.B. „Ich will mich darauf verlassen können, dass ich nach der Arbeit meine Freizeit genießen kann und nicht vorher noch im Haushalt weiterarbeiten muss.“

... die sich aus dem Bedürfnis ergibt.
z.B. „Bitte räumt eure Sachen entweder gleich weg, oder bis spätestens 17:00, damit das Wohnzimmer für alle ein Ort bleibt, in dem sie sich wohlfühlen und entspannen können.“
Die Bitte soll sich auf eine konkrete Handlung beziehen und zum Ziel haben, die Lebensqualität der Beteiligten zu verbessern.
Was heißt das im Familienalltag?
Die folgenden Tipps zeigen, wie wir mit Konflikten besser umgehen und Wahrnehmungen und Gefühle so mitteilen können, dass sie ankommen, aber nicht angreifen. Man kann so mit Kindern über Ärger sprechen, ohne sie abzuwerten und ihr Selbstwertgefühl dadurch zu beeinträchtigen. Eine gute, gewaltfreie Kommunikation stärkt das Vertrauen und die Beziehungen in der Familie und hilft den Kinder auch im späteren Leben besser mit Konfliktsituationen umzugehen.
UNSERE
TippS:
#1 Ich höre dir zu
Was macht Ihr Kind gerade? Welche Themen sind ihm/ihr wichtig? Nehmen Sie sich Zeit und zeigen Sie Interesse. Hören Sie aufmerksam zu, wenn Ihr Kind Ihnen etwas erzählen möchte. So spürt Ihr Kind, dass Sie es ernst nehmen und fühlt sich wertgeschätzt. Wenn Sie einen regelmäßigen Austausch pflegen, schaffen Sie damit eine sehr gute Basis für Situationen, die schwierig oder konfliktbelastet sind.
#2 Ich-Botschaften
Wenn Sie in der Familie diskutieren, lassen Sie einander ausreden und versuchen Sie, sich in die Lage des Gegenübers zu versetzen. Vermeiden Sie Vorwürfe und formulieren Sie Ihre Sicht der Dinge in Ich-Botschaften.
Teilen Sie auch, wie sich das für Sie anfühlt: „Ich habe das Gefühl, wir verbringen kaum noch Zeit zusammen. Das macht mich traurig.“
#3 Kompromisse
Sie haben bereits länger disktutiert, aber sind "noch immer nicht" derselben Meinung? Das kann durchaus sein. Versuchen Sie, sich auf die Sichtweise Ihres Kindes einzulassen und diese zu verstehen. Versuchen Sie zusammen, Kompromisse zu finden. Das gelingt, wenn Sie die Ideen Ihres Kindes mit einbeziehen.
#4 Streit unter vier Augen
Ja, auch Eltern streiten - mitunter auch vor den Kindern. Es ist wichtig, dass Kinder konstruktive Konfliktlösung erleben und daraus lernen können. Wenn Eltern eine solche Streitkultur vorleben und sich nach dem Streit versöhnen, ist das auch vor den Kindern in Ordnung.
Viele Streitigkeiten werden allerdings von Kindern bedrohlich oder beängstigend erlebt und sind vom Thema her auch nicht für Kinderohren geeignet. Es ist also besser, solche Konflikte nicht vor den Kindern auszutragen.
#5 Ich könnte schreien!
Sie haben den Eindruck, eine Situation eskaliert? In so einem Fall ist es besser, nicht weiter auf Ihrem Standpunkt zu bestehen. Bevor Sie etwas sagen, das Ihr Kind verletzt und Ihnen später leid tut, atmen Sie tief durch.
Achten Sie darauf, dass Sie mit beiden Beinen fest am Boden stehen und zählen Sie gedanklich langsam von 10 bis 0. Kann Sie das alles nicht ausreichend beruhigen, zahlt es sich oft aus, kurz das Zimmer zu verlassen. Sagen Sie Ihrem Kind, dass Sie eine kurze Auszeit brauchen und dann wiederkommen.
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