Erziehung
01. Apr. 2025
·
6 Minuten Lesezeit

Hilfe, mein Kind hat gestohlen

Geschrieben von:
Elternseite Team
Elternseite Team
Artikelinfo:

Wie soll man mit der Situation umgehen, wenn sich das eigene Kind am Geld eines Familienmitglieds vergriffen hat, in einem Geschäft etwas mitgehen lassen hat oder in der Schule etwas gestohlen hat? Lesen Sie mehr dazu in diesem Artikel.

Wenn das eigene Kind stiehlt, wird das Vertrauen meistens erschüttert. Oft fragen sich Eltern dann, wie sie darauf reagieren sollen und was eine angemessene Konsequenz wäre. Im Schock wird oft darauf vergessen hinter das Verhalten zu schauen, um herauszufinden was den Nachwuchs dazu bewegt hat. Jede Situation ist individuell und bedarf ein Verständnis der dahinterliegenden Gründe. 

Was ist eigentlich los?

Die allermeisten Kinder und Jugendlichen wissen, dass Stehlen nicht in Ordnung ist. Darum ist es im ersten Schritt wichtig herauszufinden, was der Hintergrund und die Ursache für das Verhalten war, um zu wissen, wie dann damit umgegangen werden soll und es in Zukunft verhindert werden kann. Fragen Sie neugierig nach und versuchen Sie zu verstehen und zu hören, was sich Ihr Nachwuchs dabei gedacht hat. Sie können klar Stellung zum Thema Stehlen nehmen, ohne dabei Ihr Kind selbst zu verurteilen. Hat es das Gefühl, grundsätzlich nur gerügt zu werden, wird es sich schwer tun, sich zu öffnen. Verhärten sich die Fronten, kommt es zu einem Vertrauensbruch, der bestraft wird – pädagogisch und psychologisch gesehen ist diese Umgangsart nicht wertvoll.

Bestrafung kann kurzfristig etwas am Verhalten ändern, nichts jedoch an der Haltung dahinter.

mögliche gründe

Es gibt viele Gründe, die zu dem Fehlverhalten geführt haben könnten. Überlegen und besprechen Sie, was es bei Ihrem Kind möglicherweise war. Hier sind ein paar Gründe aufgelistet, die mitbedacht werden können:

  • Zugehörigkeit: Vor allem im Jugendalter ist der Wunsch dazuzugehören ein Riesenthema. Möglicherweise hat Ihr Nachwuchs…
    - anderen etwas schenken wollen, um soziale Anerkennung zu bekommen. Bspw. mit „seinem Geld“ im Supermarkt seinen Freundinnen und Freunden Süßigkeiten gekauft, sie beim McDonald‘s zum Essen eingeladen etc.
    - sich selbst ein Markenstück besorgen wollen, das in der Klasse im Trend ist, weil es das Gefühl hat, materiell zu kurz zu kommen.
    - eine Mutprobe bestehen oder bei einer gemeinsamen Aktion mitmachen wollen und konnte dem Gruppenzwang nicht standhalten.
    - jemandem nahe sein wollen und von der Person etwas mitgenommen.
     
  • Rache: Es kann sein, dass ihr Nachwuchs sich mit jemand gestritten hat und aus einer Verletzung heraus jemand schaden wollte.
  • Wunsch nach Aufmerksamkeit: Vielleicht war Ihrem Kind langweilig oder es braucht mehr Aufmerksamkeit und hatte keine Möglichkeit, sie anders zu bekommen.
  • Verbote: Überlegen Sie, welche Verbote rund um Konsum Sie in Ihrem Haushalt aussprechen. Manchmal ist es einem auch gar nicht bewusst, wenn man sich strikt zu Sachen äußert, die man so möglicherweise gar nicht meinte. Reflektieren Sie, ob es Restriktionen gibt, die das Verhalten des Kindes erklären. Weiß es z.B., dass Sie es nie erlauben würden, dass es einen Energydrink kauft und auch nicht frei über sein eigenes Taschengeld verfügen darf, kann es sein, dass es versucht, das zu umgehen. Dies wäre möglicherweise nicht der Fall, wenn es das Gefühl hat, dass es eine Gesprächs- und Verhandlungsbasis gibt, auf die es sich berufen kann. Seien Sie also generell für Gespräche offen und signalisieren Sie Verhandlungsbereitschaft in unterschiedlichen Bereichen.
  • Provokation: Möglicherweise ist das Stehlen ein Signal, dass Ihr Kind mit etwas nicht zufrieden ist. Beispielsweise lenkt es durch sein Problemverhalten von Streitigkeiten zwischen den Eltern ab.
  • Coping: Bei psychischen Problemen kann Klauen als Bewältigungsstrategie zum Einsatz kommen. Fragen Sie nach, ob es etwas Tieferliegendes gibt, was Ihren Nachwuchs belastet und holen Sie ggf. Unterstützung wie z.B. in Form von Psychotherapie!
  • Kleptomanie: „Krankhaftes stehlen“ ist ein sehr unwahrscheinlicher bzw. ein seltener Grund fürs Stehlen, stellt jedoch auch eine mögliche Erklärung für das Verhalten dar. Wichtig zu wissen ist, dass es sich viel öfter um einen „gewöhnlichen Ladendiebstahl“ handelt, als um Kleptomanie.

All diese Gründe stellen keine Entschuldigung dar, sind allerdings mögliche Erklärungen für das fehlgeleitete Verhalten. Es kann hilfreich sein, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, um einen Weg zu finden sich dem Kind bzw. der oder dem Jugendlichen anzunähern und empathisch und lösungsorientiert ein Gespräch mit ihr oder ihm führen zu können. 

Wie können Eltern gut reagieren?

Erfahren Sie davon, dass Ihr Kind gestohlen hat, sprechen Sie es ruhig darauf an und erörtern Sie, wie in den oben dargestellten Absätzen, den Grund dafür. Während Sie versuchen, zu verstehen, was Ihr Kind angetrieben hat, können Sie gleichzeitig Ihre Haltung zum Thema stehlen vermitteln und einnehmen. Sagen Sie, dass Sie das Verhalten falsch finden und besprechen Sie die Konsequenzen, die es haben kann, wie z.B., dass es mit dem Vertrauen der beklauten Person und möglicherweise des Umfeldes etwas macht. Somit gehen Sie keinen Kompromiss zu Ihrer Haltung dem Stehlen gegenüber ein und sind gleichzeitig noch für Ihr Kind in der schwierigen Lage da. Wissen Sie ausreichend über den Hintergrund des Fehlverhaltens Bescheid, wird es vermutlich schon einfacher sein, zu überlegen, wie es weitergehen kann. Je nach Situation braucht es ein individuelles Vorgehen. Sinnvoll ist jedoch meistens: 

Gestohlenes abnehmen
und zurückgeben

Als erste Konsequenz sollte man dem Kind das Gestohlene abnehmen bzw. es dabei unterstützen, es zurückzugeben und sich bei der betroffenen Person zu entschuldigen. Wichtig ist, dass das Kind in seinem Verhalten nicht dadurch verstärkt wird, dass es von dem Diebstahl etwas Positives hat (wie z.B. den gestohlenen Artikel). 

Dahinterliegende Bedürfnisse
sehen

Die Gründe für das Klauen können mannigfaltig sein. Finden Sie z.B. heraus, dass es darum geht, dass Ihr Kind dazugehören möchte und sich schwertut, Freundschaften zu schließen, überlegen Sie gemeinsam, wie Sie es darin unterstützen können. Vielleicht bieten Sie ihm an, andere Kinder nachhause einzuladen oder sich zusammen im Park zu treffen.

Wiedergutmachung
durch ein versöhnendes Zeichen Vertrauen wiederherstellen

Wiedergutmachung ist nicht dasselbe wie eine „bloße“ Entschuldigung. Bei der Wiedergutmachung geht es um den Versuch durch ein versöhnendes Zeichen Vertrauen wiederherzustellen und damit Reintegration zu schaffen. 

  • Wie kann eine Wiedergutmachung aussehen?
    Das Kind soll durch die Wiedergutmachung Fähigkeiten entwickeln, um auch in Zukunft Verantwortung zu übernehmen und Konflikte besser zu lösen. Wichtig dabei ist, dass Ihr Kind aktiv an den Überlegungen zur Widergutmachung beteiligt ist und dass die Widergutmachung keine Strafe darstellt, sondern eine respektvolle Lösung. Beispielsweise kann ein Kind, das in der Klasse Sachen von Schulkolleg:innen gestohlen hat, sich bei der ganzen Klasse entschuldigen, versprechen es nicht mehr zu tun und als Zeichen der Wiedergutmachung einen Kuchen mitbringen.
Abschließen
mit dem Vorfall

Sprechen Sie das Kind nicht immer wieder auf den Diebstahl an, nachdem sie sich mit der Situation gemeinsam auseinandergesetzt haben. Es soll die Möglichkeit erfahren, dass es mit einer Wiedergutmachung Vertrauen wiederherstellen kann. Wer sich misstraut oder verachtet fühlt, verhält sich eher danach.

Im Wiederholungsfall
Unterstützung holen

Wenn das Verhalten anhält, ist es ratsam, sich professionelle Hilfe zu suchen. Hier kann es sinnvoll sein psychologische, psychotherapeutische und/oder psychiatrische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Strafmündigkeit
beachten

Ist Ihr Kind strafmündig, erklären Sie ihm auch, welche gesetzliche Folgen Stehlen haben kann. Ab dem Alter von 14 Jahren kann es im ungünstigen Fall zu einer Anzeige kommen. Überlegen Sie auch hier, ob es Möglichkeiten der Wiedergutmachung gibt.

Zusammenfassend ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, dem Kind ein offenes Ohr zu schenken, um herauszufinden was hinter dem Fehlverhalten steckt und es dabei zu unterstützen, Lösungsversuche aus dieser Situation zu finden. 

online-videoberatung

Haben Sie noch Fragen rund um das Thema Stehlen oder möchten Sie Ihren individuellen Fall besprechen? Melden Sie sich bei uns.

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