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18. Sep. 2025
·
6 Minuten Lesezeit

Übergriffige Familienmitglieder: Was kann man tun?

Geschrieben von:
Elternseite Team
Elternseite Team
Artikelinfo:

Wenn Verwandte oder Bekannte die eigene Erziehung ständig kritisieren, sich nicht an Abmachungen halten oder den eigenen Erziehungsstil untergraben, kann das sehr belastend sein. In diesem Artikel beleuchten wir, wie es gelingen kann, in so einer Situation die eigenen Grenzen zu ziehen und zu wahren, ohne die Beziehung zum Gegenüber unnötig zu belasten.

Möglicherweise kennen Sie das:

Sie werden durch gut gemeinte Ratschläge, kritische Kommentare oder gar direkte Eingriffe von Familienmitgliedern oder Bekannten in Ihrer Erziehungsarbeit verunsichert oder es werden dabei Ihre Grenzen klar überschritten.

Der Umgang mit Menschen, die übergriffig handeln, kann eine große Herausforderung darstellen, insbesondere wenn es im Familienleben stattfindet und es um die Erziehung der eigenen Kinder geht.

In diesem Artikel wollen wir beleuchten, wie Eltern ihre eigenen Grenzen wahren, Konflikte konstruktiv angehen und dabei gleichzeitig die familiären Beziehungen durch einen respektvollen Umgang stärken können.

Übergriffiges Verhalten in der Familie bedeutet, dass  Erziehungsvorstellungen missachtet und persönliche Grenzen überschritten werden.

Übergriffiges Verhalten, was ist das?

Übergriffiges Verhalten im Kontext von Familie und Erziehung, beschreibt Handlungen oder Verhaltensweisen, bei denen Ihre persönlichen Grenzen nicht respektiert werden und in Ihre Entscheidungsfreiheit eingegriffen wird.

 

Es zeigt sich oft in Form von:

  • Ungebetenen Ratschlägen, direkter Einmischung oder einem Umgang mit dem Kind, der Ihren Erziehungsvorstellungen/Regeln innerhalb der Kernfamilie direkt widerspricht.
  • Einem Missachten Ihrer Autonomie. Die andere Person versucht, ihre eigenen Vorstellungen oder Überzeugungen durchzusetzen – sei es durch Manipulation, dem Ignorieren Ihrer Wünsche oder Bedürfnisse, Kritik oder Abwertung. 
  • Dem Vermitteln des Gefühls, dass Sie falsche Entscheidungen treffen oder inkompetent sind.

Wie mit übergriffigem Verhalten umgehen?

Das Erkennen und Benennen solcher Verhaltensweisen ist ein wichtiger erster Schritt, um sich abzugrenzen und die eigenen Werte und Entscheidungen zu schützen.

 

Sollten Sie übergriffiges Verhalten bemerken, treten Sie innerlich einen Schritt zurück und nehmen erst mal wahr, dass das, was gerade geschehen ist, nicht in Ordnung ist. Überlegen Sie, ob Sie die Grenze, die überschritten wurde, benennen können.

Beispielsweise: „Meine Regeln zum Umgang mit Süßigkeiten bei meinem Kind werden nicht respektiert“. Im weiteren Schritt können Sie vielleicht sogar einen Wunsch für die Zukunft formulieren. Es hilft Menschen oft, zu wissen, was sie tun sollen und nicht „nur“, was nicht.

 

Erkennen Sie die Schwierigkeit der Situation an. Bei Menschen, die einem nahe stehen, besteht emotional oft eine emotionale innere Abhängigkeit. Es ist total verständlich, dass solches Verhalten emotional etwas mit Ihnen macht. Vor allem, wenn es um engere Familienmitglieder geht, kann es an alte Wunden erinnern und schmerzhaft sein. Es ist nicht so einfach, sich davon loszulösen oder abzugrenzen. Dies zu erkennen und sich selbst liebevoll zu begleiten bzw. zu verstehen, dass es viel Mut kostet, eine Grenze zu ziehen, kann eine Situation schon entlasten.

In den meisten Fällen versucht man zu vermeiden, andere vor den Kopf zu stoßen oder befürchtet sogar, die Beziehung zu verlieren oder negativ zu beeinflussen. In unserer Gesellschaft haben wir gelernt, freundlich und höflich zu sein und uns anzupassen. Manchmal ist es notwendig, diese Muster zu sprengen und manchen Ärger in Kauf zu nehmen. 

Frau, die an sich zweifelt

Die eigenen Grenzen erkennen und wahren

Sie haben ein Recht auf Ihre Grenze und wo diese Grenze liegt, bestimmen allein Sie.

Natürlich ist es dabei hilfreich, die Grenzen und woher Sie kommen zu reflektieren. Lassen Sie sich allerdings nicht verunsichern und vertrauen Sie im ersten Moment auf Ihr Gefühl.

 

Manchmal kann es hilfreich sein, sich eine außenstehende Meinung zu holen. Mit Freundinnen und Freunden zu sprechen, kann dabei unterstützen, Unsicherheiten aus dem Weg zu schaffen und die eigene Position zu reflektieren. Lassen Sie sich stärken und erkennen Sie an, dass Ihr Wert unabhängig davon ist wie jemand anderer mit Ihnen oder über Sie redet.

 

Sprechen Sie das Verhalten an. Am besten geht das in einem ruhigen Moment, der, zu dem Zeitpunkt, unabhängig vom Anlass ist. Bleiben Sie standhaft und formulieren Sie respektvoll Ihre Bitte.

Achten Sie darauf, klar in „Ich-Form“ auszudrücken, was Sie stört, und helfen Sie der Person zu verstehen, was Sie sich in Zukunft wünschen würden, in dem Sie ihr sagen, wie das gewünschte Verhalten aussehen würde. Das könnte beispielsweise so aussehen:

 

„Es stört mich, wenn du meinem Kind mehrere Süßigkeiten zusteckst. Wahrscheinlich möchtest du das nicht, dabei bekomme ich aber das Gefühl, dass ich nicht in dem respektiert werde, welchen Umgang ich meinem Kind mit Süßem mitgeben möchte. In Zukunft wäre es mir wichtig, dass du mich fragst, ob es z.B. noch einen Schokoriegel haben darf. Dann können wir schauen, ob sich eine Ausnahme in dem Moment gut ausgeht.“

 

Sollten wiederholte Bitten nicht respektiert werden, ist es wichtig, Grenzen zu setzen. Wichtig zu verstehen ist, dass Bitten abgelehnt werden können, Grenzen nicht. Bei einer Grenze teilen Sie der anderen Person mit, was Sie tun werden. Sie erfordert keinerlei Mitwirken der anderen Person. Sagen Sie der anderen Person also, was Sie tun werden, um Ihre Grenzen zu wahren und kündigen Sie an, wie Sie bei Grenzüberschreitungen reagieren werden. 

 

Wichtig: Beim kompetenten Grenzen-Setzen geht es nicht um Macht, sondern um Beziehung. Sie schaffen klare Rahmenbedingungen, in denen die Beziehung wachsen und aufblühen kann, WEIL sie Ihnen wichtig ist. 

Bitten können abgelehnt werden, Grenzen nicht. Bei einer Grenze teilen Sie der anderen Person mit, was Sie tun werden. Sie erfordert keinerlei Mitwirken der anderen Person.

Stopzeichen vor einem Baum

Es stört Sie, dass Ihre (Schwieger-)Eltern immer wieder unangekündigt zu Besuch kommen.

Sie bitten daher darum, Besuche anzukündigen. Wiederholen Sie diese Bitte. Sollte darauf nicht gehört werden, könnte eine Grenze folgendermaßen aussehen:

 

„Es ist für mich wichtig, dass du dich ankündigst, bevor du kommst. Ich brauche es für unsere Tagesplanung und den Rhythmus der Kinder. Ich möchte nicht, dass es dazu kommt – solltest du unangekündigt vor der Haustüre stehen, werde ich herauskommen und dich bitten, wieder zu gehen. Gegebenenfalls schließe ich die Türe hinter mir wieder ab. Unsere Beziehung ist mir wichtig. Daher möchte ich sie schützen und einen Weg finden, wie wir gemeinsam weiterhin gut zurechtkommen“.

Bedürfnisse sehen & Konsequenzen setzen

Hilfreich kann es auch sein, dabei hinter das Bedürfnis zu schauen!
Wissen Sie, worum es der anderen Person geht, können Sie überlegen, ob und wie Sie dem entgegenkommen könnten. Sollten Sie sich dafür entscheiden, ist es wichtig, dass es sich gleichzeitig gut und richtig für Sie anfühlt!

Zum Beispiel könnten Sie das so ansprechen: „Kann es sein, dass du dir mehr Zeit mit den Kindern wünschst? Vielleicht können wir bestimmte Zeiten einplanen, in denen du mit ihnen Zeit verbringen kannst. Ich möchte mich bemühen, eine gute Lösung für uns beide zu finden. Was denkst du?“

 

Wird weiterhin versucht, Ihre Grenzen zu überschreiten, haben Sie keine Energie mehr Konsequenzen ständig zu setzen oder werden Sie in Ihren Entscheidungen immer wieder nicht respektiert, kann es wichtig sein, emotionale, wenn nicht sogar physische Distanz zu der sich übergriffig verhaltenden Person aufzubauen.

In schwerwiegenden Fällen kann die beste Lösung sein, den Kontakt stark zu reduzieren oder sogar abzubrechen. Diesen Schritt zu gehen, ist oft extrem schwierig. Daher kann es sehr hilfreich sein, sich in solchen Situationen professionell begleiten zu lassen.

 

Professionelle Hilfe zu suchen ist in vielen Fällen sinnvoll und hilfreich. Vor allem dann, wenn Muster festgefahren sind und Sie das Gefühl haben, allein nicht mehr weiterzukommen.

Zusammenfassend geht es beim Umgang mit übergriffigen Menschen in der Kindererziehung vor allem darum, herauszufinden, was einem wichtig ist, dies gut und klar zu kommunizieren und für sich und seine Grenzen einzustehen.


Seien Sie sich bewusst, dass es um eine Balance zwischen familiärer Nähe und Respekt geht, die dazu dienen soll, dass Sie Ihre Elternschaft gut leben können.

 

Grenzen Setzen

Nähe und Respekt

ins Gleichgewicht

bringen

Online-Videoberatung

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