Tut tot-sein weh? Wie kleine Kinder trauern
Den Tod können Kinder umso eher begreifen, je klarer ihnen ist, dass der Tod das Ende jeder Körperfunktion bedeutet (Nonfunktionalität), dass er nicht rückgängig gemacht werden kann (Irreversibilität), dass er alle Menschen, Tiere und Pflanzen trifft (Universalität) und einfach zum Leben gehört (Kausalität).
Trauer bei Kindern bis zu drei Jahren
Kinder unter drei Jahren leben in der Gegenwart. Der Tod ist für sie nicht begreifbar, er ist nichts Endgültiges. Sie vermissen den Menschen, der verstorben ist, aber in diesem Alter bedeutet Tot-Sein dasselbe wie Nicht-da-Sein auf Zeit. Die Kinder vergleichen den Tod mit dem Schlaf, aus dem man wieder aufwacht, oder mit einer Reise, von der man wieder zurückkommt. Sie begreifen noch nicht, was tot sein bedeutet. Sie kennen zwar Weggehen, aber sie haben erlebt, dass wichtige Menschen immer wieder zurückkommen.
Die dreijährige Marie regt sich furchtbar auf, als ihre Mutter bei der Aufzählung ihrer Geburtstagsgäste Oma nicht erwähnt. Sie erklärt, dass Oma bis zu ihrem vierten Geburtstag schon zurück sein müsse, weil das Tot-Sein doch nicht so lange dauern kann.
Für die Kinder ist der Tod nichts anderes als ein langer Schlaf oder eine Reise. Der Betroffene wacht wieder auf oder kommt von seiner Reise zurück. Für kleine Kinder bedeutet der Tod emotional vor allem Entzug und Entbehrung von Wichtigem. Gefühlsmäßig werden vor allem die Auswirkungen erfasst, die ein Todesfall in der Umgebung des Kindes auslöst. Sie reagieren mit Suchen und lassen ihren Gefühlen - Wut, Zorn, etc. freien Lauf. Sehr kleine Kinder sind „unrund“, sie weinen häufig scheinbar grundlos und legen oft ein verändertes Ess– oder/und Schlafverhalten an den Tag.
Was Kindern in diesem Alter helfen kann:
Zuwendung und Geborgenheit geben.
Keine Veränderungen im Ablauf der Aktivitäten (Pflege, Essenszeiten, Einschlafrituale u.a.) vornehmen.
Bilderbücher und Geschichten zum Thema Leben, Sterben und Tod.
Ehrliche, klare Antworten auf die Fragen, auch wenn diese mehrmals gestellt werden.
Akzeptanz eines Rückfalls in frühere Altersstufen.
Trauer bei Kindern zwischen 4 und 5 Jahren
Kinder zwischen 4 und 5 Jahren entwickeln eine vage Vorstellung vom Tod. Sie verbinden mit ihm Dunkelheit und Bewegungslosigkeit. Sie verbinden ihre Ideen vom Tod aber immer mit anderen, nie mit Familienmitgliedern oder von sich selbst. Kinder in diesem Alter gehen sehr unbefangen mit dem Tod um und sind auch sehr interessiert an diesem Thema. So stellen sie viele Fragen, die von den Erwachsenen manchmal auch als pietätlos erlebt werden. Es ist aber wichtig, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, denn der Tod gehört zum Leben dazu.
Kinder in diesem Alter beziehen alles auf sich und können sich deshalb auch schuldig am Tod eines geliebten Menschen fühlen – „weil ich nicht brav war, deshalb ist Oma gestorben.
Als Reaktion auf einen konkreten Verlust können alltägliche Ängste verstärkt auftreten. Auch Entwicklungsrückschritte sind möglich – was schon erlernt und gemeistert wurde, kann vorübergehend wieder verschwinden. Unruhe, Suchverhalten und ein großes Bedürfnis, den Tod „zu erforschen“, sind alterstypische Trauerreaktionen. Je jünger Kinder sind, desto stärker werden sie vom emotionalen Klima ihrer Umgebung beeinflusst. Auch wenn sie noch nicht begreifen können, dass beispielsweise der Vater verstorben ist, spüren sie die Trauer, die sich in ihrer Umgebung breit macht.
Zu diesem Zeitpunkt stellen Kinder häufig viele Fragen: „Warum ist Opa tot?“. Hinter dieser Frage kann die Frage nach der biologischen Antwort stehen – „Weil Opa sehr, sehr krank war“, aber auch die Frage nach dem Warum des Sterbens und des Todes.
Die Endgültigkeit des Todes kann man Kindern in diesem Alter anhand von Beispielen erklären: „Papa wird dich nicht mehr in den Kindergarten bringen“ oder „Opa wird Weihnachten nicht mehr mit uns feiern". Am besten ist es übrigens, den Tod beim Namen zu nennen. Erzählen Eltern, dass Opa bald für immer einschlafen wird, bekommen Kinder große Angst, selbst nicht mehr aufzuwachen.
Was Kindern in diesem Alter helfen kann:
Sicherheit und Kontinuität zu den nächsten Bezugs- und Betreuungspersonen.
Zusätzliche Veränderungen im sozialen Umfeld (z. B. Umzug) sollten vermieden werden.
Körperliche Nähe, Zärtlichkeit und Anwesenheit können Trost spenden.
Zuwendung und Geborgenheit geben.
Keine Tabuisierung des Todes, alle Fragen rund um den Tod sollen klar, ehrlich und entsprechend der eigenen Überzeugung beantwortet werden.
Eingehen auf die Gefühlsebene der Kinder: „Dir fehlt Opa?“
Bilderbücher und Geschichten zum Thema Leben, Sterben und Tod, damit das Kind anhand der Personen oder Tiere im Buch über seine eigenen Gefühle sprechen kann.
Erklärungen zum Tod – der Körper hat aufgehört zu funktionieren.
Teilnahme an möglichst vielen Aktivitäten in Bezug auf das Begräbnis.
Den Kindern vermitteln, dass sie nicht schuld sind am Tod.
Dem Kind bei seiner Erinnerungsarbeit an den Toten helfen (Auswahl von Andenken, Erinnerungsbox, Zeichnungen, Fotos, …).
Bei Erklärungen der Todesursache muss durch Überbetonung (sehr, sehr krank u.ä.) kindlichen Ängsten vorgebeugt werden.
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