Das zweite Lebensjahr
Von der Geburt bis zum 2. Lebensjahr hat sich das Kind unzählige Fähigkeiten angeeignet. Sein Interesse ist nun zu einem sehr großen Teil auf die Umwelt gerichtet. Es ist jetzt auch in der Lage, mit der Umwelt in Kontakt zu treten und zu interagieren.
Eine wichtige Entwicklung im 2. Lebensjahr ist, dass sich das Kleinkind aus der symbiotischen Verbindung mit der Mutter zu lösen beginnt. Womit es zu erkennen beginnt, dass es eine eigene Person ist. Im Laufe der Zeit, erfährt es sich als eigenständige Person, mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen.
Die Sprachentwicklung im 2. Lebensjahr
Kinder haben bis zum Ende des 1. Lebensjahres die Namen von vertrauten Personen und Gegenständen kennen gelernt. Nun lernt es die Bezeichnungen von räumlichen Beziehungen sowie Handlungen kennen. Im 2. Lebensjahr verwendet das Kind häufig einen Sprechjargon, der Rhythmus, Melodie und Tonfall der Umgangssprache imitiert. Dabei werden mehrere Lautfolgen aneinandergereiht, jedoch keine eigentlichen Wörter verwendet. Kinder ahmen, aber nicht nur die Sprache nach, sondern auch vieles andere, wie niesen, husten, schmatzen, Hundegebell oder das Brummen eines Fahrzeuges. Zu Beginn werden Tiere häufig mit den für sie charakteristischen Tierlauten bezeichnet. Dies liegt der Ausdrucksmöglichkeit des Kindes näher als der eigentliche Tiername. Die meisten Kinder sprechen ihre ersten Wörter zwischen 12 und 18 Monaten. Manche wenige Kinder sprechen bereits mit 10 Monaten ihr ersten Wort. Andere lassen sich wiederum bis zu ihrem 30. Lebensmonat Zeit. Sich mit den ersten Worten Zeit zu lassen ist vollkommen in Ordnung und kein Grund zur Sorge. Mädchen sind im gleichen Alter häufig weiter in ihrer Sprachentwicklung fortgeschritten als Jungen.
Mit 18 bis 24 Monaten tritt häufig der Wortsatzspurt ein, der Wortschatz eines Kindes vermehrt sich dann plötzlich sehr rasch und es treten Zweiwort-Sätze auf. Bei vielen Kindern entwickelt sich die Sprache nicht gleichmäßig, sondern sprunghaft. Teilweise ist das Kind so damit beschäftigt, seine motorischen Fähigkeiten auszuprobieren, dass der Wortschatz für einige Wochen unverändert bleibt. Zudem beginnen Kleinkinder zwischen 18 und 36 Monaten ihren Vornamen zu benutzen.
Kleinkinder machen noch oft Fehler der Übergeneralisierung und Überspezifizierung. Übergeneralisierung bedeutet, dass sie beispielsweise das Wort Kuh für alle großen Tiere verwenden. Überspezifizierung meint das Gegenteil, nämlich das Kinder beispielsweise das Wort Auto nur für das Auto der Familie verwenden, alle anderen Fahrzeug aber als Brummbrumm.
Eltern können Ihr Kind in deren Sprachentwicklung unterstützen, indem sie viel mit ihm sprechen und es in Unterhaltungen einbinden. Dabei sollten Erwachsene die Sprechweise nicht an die Sprechweise des Kindes, sondern an das Sprachverständnis des Kindes anpassen. Eine weitere Möglichkeit, das Kind in seinem Spracherwerb zu fördern, ist es, gemeinsam mit seinem Kind ein Buch anzusehen oder ihm vorzulesen.
Eine wichtige Entwicklung im 2. Lebensjahr ist, dass sich das Kleinkind aus der symbiotischen Verbindung mit der Mutter zu lösen beginnt. Womit es zu erkennen beginnt, dass es eine eigene Person ist. Im Laufe der Zeit, erfährt es sich als eigenständige Person, mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen.
Die motorische Entwicklung im 2. Lebensjahr
Kinder im 2. Lebensjahr bewegen sich auf verschiedenste Weise fort. Eine einheitliche Abfolge der motorischen Entwicklungsstadien, die alle Kinder durchmachen, gibt es nicht. Auch hier gilt, dass es von Kind zu Kind unterschiedlich ist, welche Entwicklungsschritte in welchem Alter gemacht werden. Die meisten Kinder machen die ersten Schritte mit 12 bis 14 Monaten. Einige stehen schon früher, andere wiederum erst mit 18 bis 20 Monaten.
Kleinkindern gelingt es nun aufzustehen, wodurch sie Arme und Hände zum Hantieren und Greifen frei haben. Das Aufrichten und Laufen kann das Kind so beschäftigen, dass es in anderen Entwicklungsbereichen, vor allem in der Sprachentwicklung, für einige Wochen kaum Fortschritte macht. Im 2. Lebensjahr erwerben Kleinkinder viele unterschiedliche motorische Fähigkeiten, zum Beispiel kritzeln sie viel mit Stiften (ca. 10.-21. Lebensmonat), sie können Treppen ohne Hilfe erklimmen (ca. 12.-23. Lebensmonat), sie können auf einer Stelle hüpfen (ca. 17.-23. Lebensmonat) oder auf Zehenspitzen laufen (ca. 16.-30. Lebensmonat).
Die Bindungsentwicklung im 2. Lebensjahr
Im 2. Lebensjahr ist in der Regel die Bindung zu zumindest einer Bezugsperson vorhanden und eindeutig ersichtlich. Das Kleinkind zeigt Trennungsangst und fühlt sich unwohl, wenn die Bezugsperson, zu der die Bindung besteht, nicht anwesend ist. Gleichzeitig tritt aber auch das Neugierde- und Explorationsverhalten, das bereits Ende des 1. Lebensjahren begonnen hat, immer stärker in den Vordergrund. Das Kleinkind ist von seiner Umwelt fasziniert und will erfahren, wie sie funktioniert und was sie zu bieten hat. Damit sich das Kleinkind seiner Umwelt widmen und sie neugierig erkunden kann sind die Eltern beziehungsweise die Bezugsperson sehr wichtig. Nur, wenn sich das Kleinkind sicher sein kann, dass es jederzeit bei seiner Bezugsperson Schutz suchen kann, traut es sich, die Umwelt zu explorieren. Kinder nutzen ihre Bezugspersonen als sichere Basis. Das Nähe suchen bei den Eltern und das Explorieren der Umwelt stehen dabei in einem ständigen Wechselspiel. Es ist wichtig, dem Kind genügend Freiraum, aber auch Schutz und Nähe zu bieten. Kleinkinder brauchen die Erlaubnis der Eltern, in die Welt hinausgehen und neugierig sein zu können. Genauso brauchen sie es aber auch, zu jeder Zeit und bedingungslos liebevoll von den Eltern angenommen und beschützt zu werden.
Häufig besteht die Frage, wann ein Kind außerhalb der Familie betreut werden kann oder sollte. Aus bindungstheoretischer Sicht sollten Kinder die Möglichkeit haben im ersten Lebensjahr eine sichere Bindung zu einer primären Bezugsperson zu entwickeln. Längere Trennungen oder außerfamiliäre Betreuung sollten erst dann stattfinden, wenn das Kind Ende des 1. Lebensjahres bis Anfang des 2. Lebensjahres eine emotional stabile, sichere Bindung zur primären Bindungsperson etabliert hat. Zu diesem Zeitpunkt hat das Kleinkind auch eine stabile Objekt- und Selbstrepräsentanz entwickelt. Das heißt, es besteht ein inneres Bild der Bindungsperson, das es abrufen kann, wenn eine Trennung von der primären Bezugsperson notwendig ist.
Dieser Artikel wurde auf Basis der folgenden Literatur erstellt:
Berk, L. E. (2005). Entwicklungspsychologie. München: Perason Studium.