Erziehung
20. Jan. 2022
·
7 Minuten Lesezeit

Emotionales Essen bei Kindern

Geschrieben von:
Corinna Harles
Corinna Harles
Artikelinfo:

Wenn man bei unangenehmen Gefühlen zu Nahrung greift, um diese Gefühle mit Nahrung zu beruhigen, spricht man von emotionalem Essen. Ein guter Umgang mit Gefühlen ist ein Schutzfaktor, um problematischem Essverhalten und der Entstehung einer Essstörung frühzeitig entgegen zu wirken.

Essen gehört zu unserem Alltag dazu und sichert unser Überleben. Doch Essen ist viel mehr als nur reine Nahrungsaufnahme, es ist von Geburt an stark mit Gefühlen verknüpft. So ist das Stillen die erste Verständigung zwischen Säugling und Mutter. Da ist es für Kinder naheliegend, auch in schwierigen Situationen, über das Essen zu reagieren.

 

Doch manchmal entwickelt sich bei Kindern und Jugendlichen daraus ein problematisches Essverhalten bzw. ernstzunehmende Essstörungen.

Essen als strategie zur problemlösung?

Kinder verweigern das Essen, weil sie überfordert sind oder beruhigen sich bei Ängsten mit Süßigkeiten. Je nach Erziehung werden diese kindlichen Lösungsansätze noch zusätzlich verstärkt oder es werden alternative Möglichkeiten erlernt, um mit Gefühlen umzugehen. Säuglinge und Kinder spüren ganz genau, wie viel Nahrung sie benötigen. Vertrauen Sie auf Ihr Kind, so bleibt das natürliche Hunger- und Sättigungsgefühl erhalten.

Essen sollte keine Belohnung sein.

Essen ist Genuss, sollte aber keine regelmäßige Belohnung sein. Belohnen Sie Ihr Kind eher mit Zuwendung und mit gemeinsam verbrachter Zeit. Schon im frühen Kindesalter bzw. in der Schwangerschaft wird oft der Grundstein für Übergewicht gelegt.

Jugendliches essverhalten

Gerade auch später in der Pubertät, spielt das Essen eine entscheidende Rolle. Einerseits stellt es eine Möglichkeit dar, uns Eltern die Grenzen aufzuzeigen, anderseits ist unser Nachwuchs in dieser schwierigen Zeit mit einer Reihe von Entwicklungsaufgaben konfrontiert. Das Ablösen vom Elternhaus, die beginnende Sexualität, das Akzeptieren des sich verändernden Körpers und vieles mehr.

 

Dem gegenüber steht dann auch noch ein enormer gesellschaftlicher Druck, in der Schule zu bestehen, sich für eine Ausbildung zu entscheiden und möglichst gut auszusehen, wobei sich häufig an Vorbildern in den sozialen Netzwerken orientiert wird.

Essen wird dabei oft zum TrösterStressreduzierer oder auch zum einzigen Bereich, in dem man selbst die Kontrolle hat. So liegt in der Pubertät häufig der Beginn von Essstörungen wie Magersucht und Bulimie.

Junge Frau schreibt das Wort FAT auf Spiegelbild

Magersucht, Bulimie, Binge eating Disorder

Der Übergang von einem problematischen Essverhalten zu einer Essstörung ist fließend. Wenn wir von Essproblemen sprechen, geht es im Allgemeinen um die drei großen Bereiche der Magersucht, der Bulimie und der Binge Eating Disorder.

 

Klassische Essstörungen sind wie eben beschrieben kein Ernährungsproblem, sondern Lösungsversuche für tiefer liegende psychische Probleme. Das Essen bzw. Hungern steht für den Versuch, Probleme zu lösen, für Protest, Ablehnung oder Ersatz für verdrängte Gefühle und Bedürfnisse.

 

Die Entstehung einer Essstörung ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig und wir können z.B. gesellschaftliche und genetische Faktoren nicht direkt beeinflussen. Trotzdem gibt es einiges, was Sie als Eltern tun können.

Einen guten umgang mit gefühlen schaffen...

... kann vor Essstörungen schützen.

Gefühle
zeigen dürfen

Achten Sie darauf, dass in Ihrer Familie alle Gefühle akzeptiert und gezeigt werden dürfen – auch negative Gefühle und Erlebnisse gehören dazu.

Guter
Austausch

Sprechen Sie miteinander und versuchen Sie, unterschiedliche Meinungen, Wünsche und Interessen zu akzeptieren und Kompromisse zu finden.

Konflikte
gehören dazu

Streit ist ok und darf vorkommen. Wenn möglich, konstruktiv streiten - und versöhnen.

Essen
ist Essen

Achten Sie darauf, Essen nicht als Belohnung, Trost oder Strafe einzusetzen.

du
bist etwas
wert, 

...egal was du leistest.

In unserer Leistungsgesellschaft entsteht schnell das Gefühl, dass man nur dann etwas wert ist, wenn man Leistung bringt. Gerade hier ist es wichtig, sich klar zu machen, dass man viele gute Fähigkeiten und Eigenschaften hat und es auch okay ist, wenn mal etwas nicht klappt, oder man eine Pause braucht.

 

Reflektieren Sie Ihre eigene Einstellung zu dem Thema und versuchen Sie, von Ihrem Kind keine Höchstleistungen zu fordern.

Bieten Sie alternative Möglichkeiten an, um mit schwierigen Gefühlen wie Wut, Traurigkeit, Anspannung und Enttäuschung umzugehen. Bieten Sie das Gespräch an, Trösten Sie Ihr Kind zB mit einer Umarmung und versuchen Sie auszuhalten und anzuerkennen, wie es Ihrem Kind gerade geht.

Sie können im Vorfeld eine Schatzkiste machen, wo Ideen drin sind, die Ihrem Kind beim Umgang mit schwierigen Gefühlen gut tun. Das kann z.B. sein, etwas zu kneten, rauszugehen, eine Geschichte anzuhören, etwas zu malen usw. Dieser Tipp und weitere Unterstützung kommt von INTAKT, Therapiezentrum für Menschen mit Essstörungen. 

Sehen Sie sich hier

zum Thema "Gefühle wahrnehmen"

ein kurzes Video an.

Zum Video

das kann
sonst noch hilfreich
sein:

  • Reflektieren Sie Ihren eigenen Umgang mit Essen und Ihrem Körper – Sie sind ein wichtiges Vorbild für Ihr Kind.

  • Schaffen Sie eine gute Esskultur innerhalb der Familie.

  • Welchen Influencer:innen folgt Ihr Kind und was fasziniert ihn/sie an ihnen? Zeigen Sie Interesse. Hinterfragen Sie gemeinsam die propagierten Schönheitsideale und empfohlenen Produkte.

  • Stärken Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes, indem Sie den Fokus darauf legen, was es gerne an sich mag und was es gut kann. Unterstützen Sie Freundschaften, Hobbys und Interessen.

Wenn Sie befürchten, dass Ihr Kind eine Essstörung haben könnte, holen Sie sich unbedingt Unterstützung.

Erste Hilfsangebote:

Hotline für Essstörungen : 0800 20 11 20

 

Sowhat Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen

 

Intakt  Therapiezentrum für Menschen mit Essstörungen

online Video-beratung

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