Krisen & psych. Auffälligkeiten
25. Nov. 2021
·
4 Minuten Lesezeit

Achtung: Selbstverletzungen als lautloser Hilferuf

Geschrieben von:
Elisa Stögmüller
Elisa Stögmüller
Artikelinfo:

Die meisten Eltern fühlen sich hilflos und sind mit der Situation überfordert, wenn sie bemerken, dass sich ihr Kind selbst verletzt. Wie können Eltern reagieren? Was kann oder soll ein Elternteil tun? Hier finden Sie Informationen, um Ihr Kind besser verstehen zu können.

Selbstverletzung ist gegen die eigene Person gerichtete Aggression. Es sind darunter alle Handlungen, mit denen sich eine Person selbst Schaden zufügt und sich selbst weh tut, zu verstehen.

 

Das kann zum Beispiel die Verletzung der Haut, wie Schnitte oder sich mit den Nägeln kratzen, exzessives Fasten, aber auch die Faust gegen eine Wand zu schlagen, sein.

Wie „aushalten“, dass sich das eigene Kind selbst weh tut?

Eltern müssen, wenn sich ihr Kind selbst verletzt, eine extrem herausfordernde und auch schwierige Rolle übernehmen. Als Eltern möchte man sein Kind vor Schmerzen im Leben beschützen. Doch nun fügt sich das eigene Kind selbst Schmerzen zu.

 

Das ist einerseits vielleicht nicht nachvollziehbar, andererseits können dadurch auch Gefühle wie Ohnmacht, Hilflosigkeit oder Schuld ausgelöst werden.

was sind ursachen für selbstverletzendes verhalten?

Für viele mag es unvorstellbar sein, doch Betroffene sehen keine andere Möglichkeit, mit ihren Gefühlen und ihrer inneren Anspannung umzugehen, als sich selbst Verletzungen zuzufügen. Die Ursachen sind vielfältig. Traumatische Erlebnisse, wie der Tod eines nahen Menschen, Mobbing oder eine Scheidung können Auslöser sein. Sich selbst zu verletzen kann aber auch ein Symptom einer psychischen Erkrankung sein.

Lösen der Anspannung

Durch die Selbstverletzung löst sich der erlebte Spannungszustand kurzfristig auf und es kommt zu einem Gefühl der Erleichterung oder auch des "Sich-Lebendig-Fühlens". Diese Gefühle halten aber nur kurz an und sind meist gefolgt von Schuld und Scham. So entsteht ein Kreislauf, aus dem Betroffene ohne fremde Hilfe nur schwer wieder herauskommen.

 

Meistens wissen Kinder beziehungsweise Jugendliche, dass sich selbst zu verletzen kein „guter“ Weg ist, mit Schwierigkeiten umzugehen, doch sie sehen für sich in der Situation keine andere Handlungsmöglichkeit.

Auch wenn Jugendliche ihre Wunden verstecken, hoffen sie oft insgeheim, dass endlich jemand entdeckt, wie schlecht es ihnen geht.

Wichtig
zu
beachten:

Wenn Sie mit Ihrem Kind sprechen, bedenken Sie, dass die Selbstverletzungen natürlich auf einer körperlichen Ebene als Schaden ernst zu nehmen sind und es auch wichtig ist, die Wunden zu versorgen und gegebenenfalls zu einer/einem Ärztin/Arzt zu gehen.

 

Im Gespräch mit Ihrem Kind und im Umgang mit diesem Thema ist es jedoch sehr wichtig, nicht den Fokus auf die körperliche Ebene zu legen. Die Selbstverletzung ist zwar das Offensichtliche, aber nicht das, worum es eigentlich geht. Dahinterliegend geht es um den inneren Zustand Ihres Kindes, der so im Außen sichtbar gemacht wird.

wie sollen Eltern reagieren, wenn sie selbstverletzungen bemerken?

  • Wenn Sie Wunden bemerken, suchen Sie möglichst bald ein Gespräch in einem ruhigen Rahmen, nachdem Sie selbst Ihre eigenen Gefühle geordnet haben und möglichst gefasst auf Ihr Kind zugehen können.  

    Außerdem sollten sie ausreichend Zeit haben, um eine möglichst entspannte/angenehme Atmosphäre schaffen zu können.

  • Machen Sie keine Vorwürfe, sondern vermitteln Sie das Gefühl, dass Sie Ihr Kind ernst nehmen und ihm helfen wollen.

    Die meisten Betroffenen empfinden selbst Schuld und Scham in Bezug auf ihr selbstverletzendes Verhalten. Vorwürfe und Drohungen können die Situation zusätzlich verschlimmern.
  • Ermutigen Sie, als einen ersten Schritt, zu versuchen, das Verletzen aufzuschieben, zunächst immer um 10 Minuten.

  • Unterstützen Sie die/den Jugendlichen, zu probieren, ob auch ein ähnlich starker Reiz, der aber keine Verletzung verursacht, eine erste Alternative sein kann. Etwa das Drücken von Eiswürfeln auf den Unterarm, Chilis auf der Zunge oder kaltes Duschen.

Scheuen Sie nicht, sich bei Beratungsstellen Unterstützung vor dem Gespräch zu holen.

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