Wenn sich Eltern trennen... mit Kleinkindern
Was brauchen kleine Kinder nach der Trennung ihrer Eltern?
Kinder lieben ihre Eltern und brauchen die Unterstützung und Zuwendung von beiden Elternteilen. Eine Trennung ist für Kinder immer belastend und schmerzhaft. Auch für Kleinkinder und Babys. Denn sie verlieren ihren vertrauten Alltag. Oft machen sie vorübergehende Rückschritte in ihrer Entwicklung. So weinen Kinder z.B. wieder, wenn sie in den Kindergarten gebracht werden und sind sehr anhänglich. Sie sind wütend, traurig, ziehen sich zurück oder reagieren mit Bauch- oder Kopfschmerzen. Sie fühlen sich hilflos, allein und missverstanden. Viele von ihnen denken, sie sind schuld an der Trennung ihrer Eltern. Dazu kommt, dass jüngere Kinder manchmal ihre Fragen noch nicht stellen können und ihre Ängste und Sorgen nicht aussprechen.
Wie gut es einem Kind gelingt, die neue Familiensituation anzunehmen, hängt davon ab, wieviel Verständnis, Aufmerksamkeit und Unterstützung es bekommt. Ein Kind muss auf die Trennung reagieren, seine Reaktionen sind gesund, normal und wichtig! Kein Kind nimmt die Veränderung des familiären Zusammenlebens so hin, als ob nichts wäre. Die Reaktionen soll man auf keinen Fall unterdrücken oder bekämpfen, sie dienen dazu, die aus dem Lot geratene Balance wieder herzustellen. So können die Kinder der Situation aktiv begegnen, und sind ihr nicht ohnmächtig ausgeliefert.
Wie eine Trennung erlebt wird, kann nicht verallgemeinert werden. Aber auch wenn jedes Paar und jedes Kind die Trennung anders erlebt, gibt es doch alterstypische Reaktionen.
Auch die ganz Kleinen spüren: „Irgendwas stimmt nicht!“
Babys und Kleinkinder haben sehr feine Antennen, wenn es um die Gefühle ihrer Eltern und die Atmosphäre in der Familie geht. Sie nehmen rasch wahr, wenn sich der gewohnte Tagesablauf verändert, z.B. wenn ein Elternteil seltener da ist oder nicht mehr in der Wohnung schläft. Babys reagieren auf emotionale Signale und Befindlichkeiten ihrer Bezugspersonen sehr stark. Sie empfinden aggressive Stimmen und Stimmungen als bedrohlich und nehmen eine konfliktgeladene, gespannte Atmosphäre wahr. Es ist also keineswegs so, dass sie nichts von der Trennung mitbekommen. Sie spüren, dass etwas anders ist! Ein vorübergehender Entwicklungsstillstand oder sogar Entwicklungsrückschritt ist normal - dieser zeigt: „Ich möchte, dass alles wieder wie früher ist!“ Manche Babys weinen oder schreien mehr, können Einschlaf-, oder Durchschlafschwierigkeiten haben oder es verändern sich ihre Essgewohnheiten.
„Das macht mir Angst!“
Im zweiten und dritten Lebensjahr beginnt das Kind sich von den Bezugspersonen ein Stück abzulösen und seinen eigenen Willen zu erleben. Es kann immer mehr Dinge selbst machen und auch zunehmend seine Bedürfnisse aussprechen. Das Wort „Ich“ gewinnt an Bedeutung. In dieser Altersstufe lieben die Kinder das Vertraute und Berechenbare. Die sichere Zuneigung der Eltern ist die Basis für die beginnende Ablösung. Kinder in diesem Alter haben noch wenige Möglichkeiten mit Stresssituationen umzugehen, daher ist es im Falle einer Trennung/Scheidung wichtig, die Gefühle des Kindes wahrzunehmen und es verständnisvoll zu begleiten. Verhaltensänderungen können sein: Rückschritte in der Sauberkeitserziehung, Trennungsängste, Angst vor Unbekanntem oder auch verstärktes Trotzverhalten.
Kindergartenkinder und ihr magisches Denken:
Auch im Vorschulalter haben Kinder noch keine gute Vorstellung davon, was Trennung und Scheidung bedeuten. Für sie ist es ganz selbstverständlich, dass Papa und Mama immer zusammen sind, ohne Anfang und schon immer, seit sie auf der Welt sind. Das magische Denken prägt dieses Alter. Die Kinder sehen sich als Dreh- und Angelpunkt der Welt, alles was passiert, hat unmittelbar mit ihnen zu tun. In dieser Phase lernen Kinder das Gefühl der eigenen Schuld kennen. Je jünger die Kinder sind, desto häufiger fühlen sie sich schuldig. Sie haben schnell das Gefühl der Grund für die Trennung zu sein. Sie fragen sich, ob sie schuld sind, dass Mama und Papa sich nicht mehr mögen. Sie versuchen, für sich Erklärungen zu finden, z.B. “Weil ich nicht brav war, hat der Papa die Mama nicht mehr lieb und zieht aus!“ Deshalb ist es wichtig in Gesprächen dieses Gefühl anzusprechen und klar zu kommunizieren, dass das Kind keine Schuld trifft.
Dem anderen Elternteil im Alltag des Kindes Raum geben
Babys und Kleinkinder können sich aufgrund ihrer Entwicklung den Elternteil, der gerade nicht da ist, nicht vorstellen und somit präsent haben. Daher sollte dieser symbolisch im Alltag des Kindes anwesend sein dürfen: Indem über ihn gesprochen wird (z.B. „Schau mal, ziehen wir die Hose an, die dir der Papa gekauft hat!“) oder Fotos und andere Dinge, die das Kind mit diesem Elternteil verbindet, bereit liegen.
Auch in diesem Alter ist wichtig, was für alle Trennungskinder gilt: Sie müssen beide Elternteile lieben dürfen, ohne Angst haben zu müssen, damit den anderen zu verletzen! Auch der größte Trennungsschmerz der Eltern darf nicht dazu führen, dass man den oder die Expartner:in vor dem Kind schlecht macht. Jedes Kind ist von seinen Anlagen her ein Stück Mama und ein Stück Papa – wenn nun einer abgewertet wird, fühlt sich damit auch das Kind abgewertet. Es verliert an Selbstwert! Wichtig ist es auch, dass beide Eltern ihrem Kind immer wieder vermitteln, dass es nicht an der Trennung Schuld hat und dass man es weiterhin ebenso lieb hat wie zuvor.
Babys brauchen:
Viel Zuwendung und zärtliche Aufmerksamkeit!
Der Kontakt zu dem Elternteil, der ausgezogen ist, sollte möglichst regelmäßig sein. Für kleine Kinder ist ein häufiger, mehrmals wöchentlicher und dafür vielleicht kürzerer Kontakt wichtiger als ein Wochenende nur alle zwei Wochen.
Kleinkinder brauchen:
Sicherheit in der Zeitstruktur, im Tagesablauf, viel Zuwendung und Köperkontakt.
Auch bei Kleinkindern sollte der Kontakt zu dem Elternteil, der ausgezogen ist, möglichst regelmäßig und alltäglich sein. Die Angst des Kindes, verlassen zu werden, wird durch den regelmäßigen Kontakt auf jeden Fall verringert.
Wie heftig Kinder (auch ältere) unter der Angst leiden, verlassen zu werden, darf man nicht unterschätzen. Wenn einer gegangen ist, folgern sie, können alle gehen. „Ich bin für dich da“ – solche Versicherungen kann ein Kind, auch wenn es selber noch nicht sprechen kann, gar nicht oft genug hören!
Kindergartenkinder brauchen:
Tägliche Routine, klare Strukturen und gleichbleibende Rituale wie z.B. „Gute-Nacht-Geschichten“. Es macht nichts, wenn sich diese bei Mama und Papa unterscheiden.
Wenig zusätzliche Veränderungen, d.h. auch, dass ein Kindergartenwechsel - wenn möglich - vermieden werden soll.
Immer wieder Erklärungen, was passiert ist (wenn Kinder immer wieder dasselbe fragen, heißt das nicht, dass etwas schlecht erklärt wurde, sondern dass das Kind überprüft, ob es die Sache richtig verstanden hat.)
Kontaktmöglichkeiten z.B. über das Handy in der Zwischenzeit.
Bewegung, um die Spannung, in der sie sich oft befinden, abzubauen.
Möglichkeiten, ihre Gefühle zu äußern und auszudrücken.