Vom Umgang mit Wutanfällen
Wut und Ärger empfinden nicht nur Kinder, auch Erwachsene kennen diese Emotionen. Während Erwachsene in der Regel gelernt haben, damit umzugehen, reagieren insbesondere kleine Kinder oft heftig und unmittelbar mit Schreien, Schlagen oder Toben. Solche Szenen sind für Bezugspersonen oft eine große Herausforderung. Umso älter die Kinder werden, umso eher gelingt es ihnen, ihrer Wut anders Ausdruck zu verleihen.
Im Laufe der Entwicklung ist es wichtig, einen angemessenen Umgang mit Wut und Ärger zu erwerben. Eltern und Bezugspersonen können Kinder unterstützen, die Emotionen wahrzunehmen, zu differenzieren und mit ihnen adäquat umzugehen.
Tipps bei Wutanfällen
- Versuchen Sie, soweit möglich, sich selbst zu beruhigen und die Ruhe zu bewahren.
Nehmen Sie wütende Angriffe des Kindes nicht persönlich. Sehen Sie sie als Zeichen, dass Ihr Kind mit etwas Schwierigkeiten hat. Es kann auch sehr entlastend sein, sich bewusst zu machen, dass es sich in besonders schwierigen Phasen oft um eine Entwicklungsaufgabe des Nachwuchses handelt, Widerstand zu leisten. Das muss das Kind tun, um sich nach und nach ablösen zu können.
- Autonomiephasen als mögliche Erklärung:
Insgesamt spricht man in der Entwicklung von Kindern von drei „Autonomiephasen“. Der ersten Autonomiephase, der sogenannten 6-Jahres Krise oder Wackelzahnpubertät und der Pubertät. In diesen Phasen gehört es für das Kind dazu, sich von den Eltern abzugrenzen, in dem es versucht den eigenen Willen durchzusetzen oder mit Entwicklungsaufgaben und neuen Herausforderungen fertig zu werden. Vielleicht können Sie so Ihr Kind und seine Aggression besser verstehen.
- Wenn ein Kind gerade sehr wütend ist, bringt es nichts, weiter zu streiten. Das liegt daran, dass, vereinfacht gesagt, gerade der Teil im Gehirn aktiviert ist, der nur emotional und nicht auf rationale, logische Argumente reagieren kann. Akzeptieren Sie die Situation, begleiten Sie ihr Kind in seiner Wut oder lassen Sie Ihrem Kind eine Rückzugsmöglichkeit. Gespräche und Lösungen sollte man auf einen späteren, ruhigen Moment verschieben.
- Ja, Sie müssen aushalten, dass Ihr Kind wütend ist. Aber: Eltern müssen nicht alles aushalten. Es ist wichtig, klare Grenzen zu ziehen und auszusprechen, vor allem bei Gewalt, z.B. „Ich verstehe, dass du wütend bist, aber Gewalt hat in unserem Haus keinen Platz. Es ist nicht ok, wenn du schlägst; Wir können stattdessen gemeinsam in einen Polster boxen“. Oder: „Ich merke, dass du dich gerade sehr ärgerst, machen wir eine Pause und sprechen nachher weiter.“ Sie kennen Ihr Kind am besten: Braucht es eher aktive Unterstützung oder kann es sich selbst beruhigen, wenn es sich in sein Zimmer zurückziehen kann?
Sie können auch unterstützen, indem Sie gemeinsam die Ursache von der Wut Ihres Kindes herausfinden: Gab es einen Auslöser? Oder gibt es ein Muster, das sich ähnlich wiederholt? Vielleicht können Sie beim nächsten Mal früher gegensteuern, bevor die Situation eskaliert. Hilfreich können vor allem NICHT-anlassbezogene Gespräche sein, in denen Sie mit Ihrem Nachwuchs allgemein über den Umgang mit starken Emotionen sprechen und gemeinsam überlegen, was in solchen Fällen unterstützend wirken könnte.
- Wut ist gut: Wut ist als Gefühl gesellschaftlich nicht akzeptiert. Dabei ist Wut ein Gefühl wie andere auch und wichtig und normal für die Entwicklung. Wut ist ein wichtiger Veränderungimpuls und darf da sein. Verurteilen Sie Ihr Kind nicht für seine Wut, unterstützen Sie Ihr Kind, in einer angemessenen Art und Weise für sich selbst einzustehen.
Es geht nicht darum, dass Wut nicht sein darf, sondern wie man mit Wut umgeht.
Wut muss raus. Wenn sich negative Energie aufgestaut hat, tut es gut, sie rauszulassen. Es wirkt vielleicht komisch, tut aber gut, sich richtig körperlich auszupowern: mit dem Fuß aufstampfen, (auf einem Trampolin) hüpfen, Zeitungen zerreißen, im Wald laut schreien, Ton oder Knete bearbeiten oder was ihnen sonst einfällt und gut für Ihre Familie passt. Ein hilfreicher Tipp an dieser Stelle ist, dass man beim Ausleben von Strategien, um mit der Wut umzugehen als Elternteil MITMACHT. Schlagen Sie z.B. nicht einfach nur vor, Hampelmänner zu machen, sondern fangen Sie selbst damit an und begleiten Ihren Nachwuchs dabei.
Auch Entspannung ist wichtig, damit Ruhe einkehren kann. Ein paar Anregungen, die Sie zu Hause ausprobieren können: Entspannungsgeschichten, Phantasiereisen, Massage, etwas zeichnen, Musik hören. Nach einem Streit tut es auch gut, gemeinsam die Versöhnung auszukosten: mit einer Entschuldigung, mit einer Kuscheleinheit und bei Bedarf kann man den Vorfall noch mal in Ruhe nachbesprechen.
Bei Kleinkindern sind Wutanfälle ein ganz normaler Teil ihrer Entwicklung. Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel zur Trotzphase.
Damit es beim nächsten Mal nicht soweit kommt:
Suchen Sie sich einen ruhigen Moment für ein Gespräch. Sie können Ihre Tochter oder Ihren Sohn fragen, woran, sie oder er merkt, dass die Wut aufsteigt. Überlegen Sie gemeinsam, wie man die Situation dann wieder entspannen kann. Sagen Sie, dass sie oder er Ärger oder Wut verbalisieren kann, also: „Ich bin wütend“. Das kann oft schon viel Entlastung bringen. Wenn Ihr Kind bei dem Thema nicht so gesprächig ist, kann man auch mithilfe von Büchern darüber sprechen.
Lösungswege sind individuell. Wir können kein Kochrezept für Harmonie zuhause anbieten. Es treffen immer zwei Menschen, mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften aufeinander. Nur weil man eine Familie ist, besteht diese trotzdem aus eigenständigen, individuellen Menschen, die unterschiedlich sind und in manchen Punkten auch aufeinanderprallen können. Und das ist auch gut und ok so. Man muss daher gemeinsam überlegen, wie man am besten mit der Situation umgeht.
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