Sexualität & Aufklärung
22. Juli 2021
·
10 Minuten Lesezeit

Pornographie online - was Sie als Eltern dazu wissen sollten

Geschrieben von:
Alles klar?! Ein digitales Aufklärungsprojekt
Alles klar?! Ein digitales Aufklärungsprojekt
Artikelinfo:

Der Umgang mit Pornographie gegenüber ihren Kindern stellt Eltern oft vor eine große Herausforderung. Eltern fragen sich: Soll ich mit meinem Kind über Pornos sprechen? Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür gekommen? Und wie kann so ein Gespräch geführt werden? Wir haben Antworten.

Expert*innen beobachten, dass Kinder etwa ab dem Ende der Volksschulzeit mit Pornos konfrontiert werden. In der Regel schicken Kinder diese untereinander weiter oder sehen sie sich gemeinsam an. Für die einen stellt es so etwas wie eine Mutprobe dar: „Wer schafft es, sich dieses grausige Video anzusehen!?“. Andere Kinder sehen einen Porno als etwas Verstörendes, Erschreckendes oder Angstauslösendes. Bei Kindern dieses Alters steht das Anschauen von Pornos also noch nicht im engeren Zusammenhang mit sexuellem Interesse oder Lustgewinn.

Definition Pornographie = die explizite Darstellung von Nacktheit und sexuellen Handlungen. Pornographische Inhalte sind relativ alltäglich in der Popkultur, z.B. in Musikvideos und Filmen.

Reflexionsfrage:

Erinnern Sie sich an Ihre eigene Kindheit. Wann sind Sie zum ersten Mal in Kontakt mit Pornos gekommen?

Reflexionsfrage:

Wie haben Sie sich in dieser Situation gefühlt?

Wir wollen Sie mit den Reflexionsfragen einladen, über Ihre eigenen Erfahrungen und Gefühle nachzudenken. So können Sie die Situation Ihres Kindes besser verstehen. Aber auch eigene, vielleicht einschränkende, Einstellungen und Haltungen hinterfragen. 

 

Wählen Sie einen ruhigen Moment an einem Ort, wo Sie sich ungestört fühlen. Nehmen Sie Zettel und Stift zur Hand. Notieren Sie Ihre Gedanken zu den Fragen.

Kinder und Jugendliche kommen jedoch nicht nur in der Schule oder durch Freund*innen mit Pornos in Kontakt. Sie können auch mit ihnen konfrontiert sein, sobald sie ein eigenes technisches Gerät besitzen, das ihrer Eltern nutzen oder sich mit anderen Bezugspersonen im digitalen Raum bewegen. Der passende Zeitpunkt, Pornos zu thematisieren ist demnach gekommen, sobald Kinder mit digitalen Medien in Kontakt sind. Es ist sinnvoll mit seinem Kind bereits darüber zu sprechen, bevor es seine erste Erfahrung mit Pornos macht. So ist es darauf vorbereitet und kann dann besser und sicherer damit umgehen.

Reflexionsfrage:

Welche Gefühle und Gedanken kommen in Ihnen auf, wenn Sie daran denken, dass Ihr Kind mit Pornos konfrontiert wird?

Reflexionsfrage:

Wie geht es Ihnen mit dem Gedanken, mit Ihrem Kind über Pornos zu sprechen?

Reflexionsfrage:

Was ist Ihre Meinung über Pornos? Was ist die Meinung Ihres Partners/Ihrer Partnerin oder einer anderen engen Bezugsperson?

Worauf sollte geachtet werden, wenn Sie mit Kindern über Pornos sprechen?

Achten Sie darauf, Ihrem Kind zu vermitteln, dass Pornos so etwas wie Action- oder Fantasiefilme sind. Sie sind KEIN Abbild der Realität und zeigen NICHT, wie Erwachsene Sexualität in Wirklichkeit leben. Wie bei anderen Filmen und Serien auch, hat sich Pornos jemand ausgedacht. Es gibt ein Drehbuch und Schauspieler*innen werden für die verschiedenen Rollen gecastet. Anschließend stellen diese Schauspieler*innen die Geschichte dar und werden dafür bezahlt. Zum besseren Verständnis kann auch ein Vergleich zu einem Film oder einer Serie gezogen werden, den/ die sich Ihr Kind im Moment ansieht.

 

Nicht nur für Eltern, auch für Kinder sind Pornos eine schwierige Angelegenheit. Denn die meisten Kinder im Volksschulalter wollen noch nicht in Kontakt mit Pornos kommen. Sie empfinden die Sexualität sowie sie in Pornos dargestellt wird eher noch als „grausig“.

Was ein Porno zeigt, entspricht nicht der Wirklichkeit – auch, wenn so getan wird, als ob es real wäre! Pornos sind Filme, die sich jemand ausgedacht hat und die von Schauspieler*innen dargestellt werden.

Reflexionsfrage:

Wie geht es Ihnen, wenn Sie sich vorstellen mit Ihrem Kind über Pornos zu sprechen?

Reflexionsfrage:

Welche Gefühle kommen dabei in Ihnen auf?

DER PASSENDE GESPRÄCHSEINSTIEG

Ist Ihnen ein direktes Gespräch über Pornos unangenehm, dann sprechen Sie das Thema indirekt an. Beispielsweise indem Sie Ihr Kind fragen, womit es im Internet auf keinen Fall konfrontiert werden möchte. Kinder äußern nämlich häufig von selbst, dass sie nicht auf Pornos stoßen wollen.

Einen noch allgemeineren Einstieg bietet die Frage, was einem Kind ganz grundsätzlich Angst macht. Zum Beispiel die Dunkelheit, große Hunde, wenn in einem Film geschossen wird oder Spinnen. Anschließend können gemeinsam Möglichkeiten überlegt werden, was Ihr Kind tun kann, wenn es Angst hat oder wenn es mit unpassenden Inhalten konfrontiert wird. Hier kann es vielleicht helfen, mit einem Erwachsenen über die Angst zu reden und zu Vereinbaren, Fenster die ungewollt aufpoppen sofort wieder schließen.

 

So
schützen
Sie davor, dass

Kinder auf

Pornos

stoßen:

  • Stellen Sie Kindern nicht jene Geräte zur Verfügung, auf denen Erwachsene Pornos oder andere unpassende Inhalte anschauen. Wenn Sie das tun, dann erhöhen Sie nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass Werbeanzeigen für Pornos oder andere unpassende Inhalte „selbstständig“ erscheinen.

  • Ein Suchmaschinenfilter sorgt für zusätzlichen Schutz. Bei Google heißt dieser Filter Safe Search und man kann ihn in den Einstellungen aktivieren.

  • Erkundigen Sie sich, welche weiteren Filter Schutz vor unpassenden Inhalten bieten. Machen Sie sich aber bewusst: Filter stellen keine 100% sichere Lösung dar! Sie minimieren lediglich das Risiko.

  • Hinsichtlich Einstellungen und Filter zum Schutz gilt außerdem: Je jünger Kinder sind, desto sinnvoller ist deren Anwendung. Bei älteren Kindern macht es in der Regel weniger Sinn, da diese sehr geschickt sind spezifische Einstellungen zu umgehen.

  • Schutz bieten Sie ebenso, wenn Kinder zum Schlafen gehen Geräte nicht ins Bett mitnehmen. Es kann zum Bespiel ein Platz ausgemacht werden, an dem das Handy nachts „geparkt“ wird. Diese Abmachung trägt einerseits dazu bei, dass Kinder sich nicht bis spät in die Nacht unbeobachtet im digitalen Raum aufhalten. Anderseits verhilft es dazu, dass Kinder gut und ausreichend schlafen.

  • Der beste Schutz ist eine tragfähige Beziehung und Gesprächsbasis mit Ihrem Kind. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Sie immer ein offenes Ohr für sie/ihn haben!

Gut zu wissen:

In Hinblick auf Umgang und Nutzung digitaler Medien stellen Eltern eine bedeutende Vorbildfunktion dar. Das heißt, Kinder orientieren sich daran, wie ihre Eltern mit digitalen Medien umgehen.

gut zu wissen:

Laut dem Jugendschutzgesetz dürfen Kindern keine Inhalte zugänglich gemacht werden, die für sie unpassend sind. Pornos zählen zu unpassenden Inhalten. Das bedeutet, Erwachsene sind dazu aufgefordert darauf zu reagieren, wenn sie bemerken, dass ein Kind auf pornographische Inhalte stößt.

Reflexionsfrage:

Wann und wie nutzen Sie digitale Medien? 

Reflexionsfrage:

Wie hoch ist Ihre eigene Bildschirmzeit? Wie gestalten Sie Pausen oder freie Zeiten?

Wie reagiere ich, wenn mein Kind einen Porno gesehen hat?

Je nachdem wie Ihr Kind auf den Porno reagiert, kann es notwendig sein, über das Gesehene zu sprechen. Genauso kann es aber sein, dass Ihr Kind nicht oder noch nicht, das Bedürfnis hat darüber zu sprechen. Ist das der Fall, dann ist das auch in Ordnung. Bieten Sie Ihrem Kind das Gespräch an, aber drängen Sie ihr/ihm das Gespräch nicht auf. Wenn Sie mit Ihrem Kind ein Gespräch führen, dann sorgen Sie für eine entspannte und sichere Atmosphäre. Erkundigen Sie sich danach, was es gesehen hat und worüber es sich nun Gedanken macht. Wie es ihm mit dem Gesehenen geht und wie es sich fühlt.

 

Je ruhiger Sie selbst bleiben, desto einfacher und leichter fällt das Gespräch.

 

Oft fällt es Kindern und Eltern jedoch schwer, miteinander darüber zu reden. Eltern fühlen oft ein Unbehagen oder eine Scham, wenn sie mit Ihren Kindern über Pornos sprechen. Kinder hingegen fühlen sich häufig schuldig, wenn sie auf Pornos gestoßen sind, weil sie glauben etwas falsch gemacht zu haben (auch, wenn das nicht so ist) und weil sie das Unbehagen und die Scham der Eltern wahrnehmen. Manchmal kann es darum besser passen, wenn eine andere „coole“ Bezugsperson mit dem Kind darüber spricht.

Reflexionsfrage:

Wie gehen Sie damit um, wenn Sie im Internet auf Inhalte stoßen, die Sie nicht sehen möchten?

Reflexionsfrage:

Gibt es eine Bezugsperson, der sich Ihr Kind anvertrauen kann?

Reflexionsfrage:

Gibt es jemand im Umfeld, mit dem Ihr Kind sprechen könnte?

wichtig

 auch im Zusammenhang mit digitalen Medien und Internet:

 Der Umgang mit den eigenen Emotionen:

Mit den eigenen Gefühlen umgehen zu können, ist auch in Zusammenhang mit digitalen Medien und dem Internet eine wichtige Fähigkeit: Ihr Kind muss ständig beurteilen, ob das, was es sieht, vertrauenswürdig ist oder, ob eine Gefahr dahinter stecken könnte. Während es im Internet surft, muss es immer wieder sein Bauchgefühl fragen: „Kommt mir etwas komisch vor? Ist es ungefährlich, sich diese Homepage anzusehen? Insbesondere im Hinblick auf die Fragen: Was macht mir Angst? Wie erkenne ich, dass ich Angst habe? Wie gehe ich damit um, wenn ich auf etwas stoße, das mich erschreckt?

Unterstützen Sie Ihr Kind bei der Wahrnehmung und im Umgang mit Gefühlen. Leben Sie vor oder besprechen Sie mit Ihrem Kind, was Sie in entsprechenden Situationen tun bzw was Ihr Kind tun kann.

JUGENDLICHE UNd PORNOS:

Ab etwa 13 Jahren zeigen Jugendliche Interesse an den sexuellen Aspekten von Pornos. Wichtig ist, dass Jugendliche nun wissen: Pornos sind so etwas wie Fantasie- oder Actionfilme und zeigen NICHT die Realität. Sind sie darüber noch nicht aufgeklärt, sollte das nun zügig passieren!

 

Prinzipiell ist es auch wichtig zu Wissen, dass je mehr Kinder und Jugendliche gelernt haben sich selbst, ihren Körper und ihre Bedürfnisse gut zu spüren, desto weniger Einfluss haben die Bildwelten von Pornos auf sie. 

 

Ausführliche Gespräche mit den Eltern über Sexualität und Pornos lehnen Teenager eher ab. Sie können Sie aber dazu ermutigen, sich  selbstständig bei vetrauenswürdigen Quellen zu informieren. Anlassbezogen können natürlich jederzeit Gespräche stattfinden. Ein Anlass kann zum Beispiel sein, wenn Sie Ihr Kind beim Porno schauen „ertappen“.

 

Achten Sie bei dem Gespräch dann darauf, dass Sie sich selbst ruhig fühlen und eine angenehme Atmosphäre herrscht. Stellen Sie offene Fragen wie „Ah, du hast einen Porno gesehen“, „Warum hast du diesen Porno?“ oder „Schauen das deine Freund*innen?“. Wichtig ist, dass Jugendliche sich nicht beschuldigt oder verurteilt fühlen und nicht mit Moralvorstellungen konfrontiert werden. Eine Frage wie „Wie kannst du dir nur einen Porno ansehen!?“. mit einem vorwurfsvollen Ton und Blick wirkt sich auf die Gesprächsbereitschaft und das Gelingen des Gesprächs eher ungünstig aus.

 

Gut zu wissen: Kinder und Jugendliche werden heute häufiger mit pornographischen Inhalten konfrontiert als früher, die Inhalte sind jedoch gleichgeblieben. Erinnern Sie sich an Ihre eigene Kindheit und Jugend – auch Sie sind mit diesen Inhalten konfrontiert worden und haben es geschafft, diese Erfahrung zu bewältigen!

Danke!

Wir danken folgender Expertin für ihren fachlichen Input.

 

DI, Barbara Buchegger, M.Ed, Safer Internet

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