Cybergrooming - was Eltern dagegen tun können
Beim (Cyber-)Grooming erschleichen sich überwiegend männliche Täter*innen das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen mit dem Ziel, sie sexuell zu missbrauchen. Eltern können präventiv Maßnahmen setzen, um Grooming möglichst zu verhindern.
Die Gefahr sexueller Belästigung ist eine der Kehrseiten von sozialen Netzwerken und Chats. Beim Cybergrooming handelt es sich um einen Straftatbestand.
Ziel ist es häufig, pornographische Aufnahmen zu bekommen, wobei es sich nicht immer um klassische pädophile Täter*innen handelt, sondern die Bilder auch von anderen Täter*innen immer mehr als Einkommensquelle gesehen werden. Weiterverkauft werden die Aufnahmen an kinderpornographische Seiten im Darknet.
Derzeit scheint es eher wenige reale Treffen zu geben, stattdessen gibt es Onlinetreffen, wo Kinder sexuelle Handlungen an sich selbst ausüben sollen. Diese Videos werden dann weiterverkauft.
Wer ist betroffen und wie gehen die Täter vor?
Betroffen sind Burschen und Mädchen gleichermaßen ab dem Zeitpunkt, wo sie sich im Netz selbständig bewegen, meistens ab 8 oder 9 Jahren. Zuerst versuchen die Täter*innen das Vertrauen der Kinder zu erschleichen, indem sie sich häufig als Gleichaltrige ausgeben und sehr viel Interesse, Mitgefühl und Verständnis für die Kinder zeigen. Manchmal verbergen sie allerdings auch gar nicht, dass sie bereits erwachsen sind.
Neben der Tatsache, dass den Kindern besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, gibt es oft auch kleine Geschenke, wie Gutscheinkarten oder z.B. bei Tiktok virtuelle Geschenke, die man anderen Influencer*innen im Livestream schenken kann (z.B. virtuelle Sticker etc).
Gerade wenn die Kinder dieses Verständnis sonst nicht bekommen (weder zu Hause noch bei Freund*innen) und/oder sich in einer sehr belastenden Situation befinden, sind sie besonders gefährdet. Wenn der Kontakt zum/-r Täter*in der Hauptkontakt wird, sind die Kinder viel ausgelieferter, weil sie keine alternativen Beziehungen zur Unterstützung haben.
In einem weiteren Schritt versuchen die Täter*innen, persönliche Informationen über die Kinder und Jugendlichen herauszufinden, und dann Nacktbilder zu erpressen. Die Mittel, wie Kinder dazu gebracht werden, derartige Bilder von sich zu machen, entsprechen den klassischen Methoden von sexuellem Missbrauch.
Zuerst wird ihnen beispielsweise gesagt, dass sie ja eh nicht gleich ein Nacktbild schicken müssen, sondern nur mit einem Spaghettiträgerleiberl, weil sie ja so hübsch sind. Wollen Sie dies nicht machen, wird mit Kontaktabbruch gedroht. Senden sie Bilder, wird ihnen gesagt, dass das ihr gemeinsames Geheimnis ist und sie es nicht weitererzählen dürfen. Die Kinder und Jugendlichen haben bald das Gefühl, selbst an der Situation schuld zu sein.
Kommt die Wahrheit heraus – etwa, dass hinter einem vermeintlich 14-jährigen ein erwachsener Mann steckt – wissen viele Jugendliche nicht, was sie tun sollen. Viele Täter*innen reagieren auf Versuche, den Kontakt abzubrechen, mit Erpressung. Jugendliche vertrauen sich oft keinem an, aus Angst vor Vorwürfen (z. B. „Ich habe dir doch gesagt, dass das gefährlich ist.“) und Verboten („Du hast 1 Monat Handyverbot!“).
Wo kommt cybergrooming vor?
Cybergrooming kann überall im Internet vorkommen, z.B. auf Online-Plattformen, Gamingportalen und Social Media. Die Methoden wechseln je nach Plattform - es gibt auch keine Plattform, die besonders gefährdet ist.
Gut zu wissen: Sextortion ist Grooming nicht unähnlich. Im Unterschied zu Grooming, lassen sich Jugendliche oder Erwachsene bei Sextortion meistens freiwillig auf sexuelle Handlungen ein, ohne zu wissen mit wem Sie es tatsächlich zu tun haben. Hier werden ähnliche Mittel genutzt, um Erwachsene in eine ausweglose Situation hineinzutreiben und Geld zu erpressen.
umgang mit cybergrooming
Eltern schwanken bei dem Thema Cybergrooming häufig zwischen Leichtsinn und Panik. Einerseits wiegen sie sich in Sicherheit, weil sie ihr Kind sicher zu Hause wähnen und daher in ihren Augen nichts passieren kann. Andererseits ist die Vorstellung von Cybergrooming der absolute Alptraum und Eltern haben große Sorge, dass ihrem Kind etwas passiert. Die gute Nachricht ist jedoch, dass man präventiv viel machen kann und es gute Chancen gibt, Ihr Kind so zu schützen.
Täter*innen gehen in die Masse und versuchen möglichst viele Kinder anzuschreiben. Wo sie leicht in Kontakt kommen, bleiben sie dran, wenn sie nicht weiterkommen, gehen sie weiter. Wenn also beispielsweise die Kinder und Jugendlichen ihnen Nachrichten schreiben, wie: „Ich weiß, du darfst das nicht! Das ist verboten!“, dann hören sie auf.
Auch wenn man als Elternteil vielleicht im ersten Moment mit Verboten reagieren möchte, um das eigene Kind zu schützen, ist dies leider eher hinderlich als förderlich. Kinder neigen dazu, sich dann hinter dem Rücken der Eltern im Internet zu bewegen, sind dabei dann nicht geschützt und haben die Eltern auch nicht als Ansprechpartner*innen, wenn etwas schiefgehen sollte. Zudem ist der sichere Umgang mit dem Internet eine wichtige Kompetenz, die Kinder und Jugendliche in ihrer Lebenswelt brauchen.
Besonders wichtig ist daher, das Bauchgefühl Ihres Kindes zu stärken und früh genug mit ihm zu sprechen! Dann können die Kinder und Jugendlichen besser zu sich selbst stehen, wissen, dass das nicht stimmt, was die Person sagt und können sich eher wehren, auch wenn sie schon weiter in die Situation hineingeraten sind. Wichtig ist, dass Sie Ihrem Kind keine Angst machen, sondern sein Selbstwertgefühl stärken!
Was eltern tun können
Aufklärung & klare Regeln
schützen Ihr Kind.
Sagen Sie Ihrem Kind, dass es im Internet Menschen gibt, die Kinder ausnutzen und ihnen nichts Gutes tun wollen! Informieren Sie es, wie einfach es ist, sich im Internet als jemand anders auszugeben. Weisen Sie darauf hin, dass Fotos gefälscht sein können. Machen Sie klar, dass Sie ihrem Kind helfen, damit nichts passiert! Sagen Sie Ihrem Kind, dass es manchmal wichtig ist, gut aufzupassen. Ermutigen Sie Ihr Kind z.B. dazu, Detektiv zu spielen und bestärken Sie es, sich nichts gefallen zu lassen.
Unterstützen Sie Ihr Kind darin, den Kontakt zu beenden, wenn eine Person komisch ist. Es ist völlig ok, in so einem Fall mit jemand anders zu spielen oder nicht mehr weiter zu chatten, auch wenn es am Anfang nett war.
Bieten Sie an, dass Ihr Kind sich bei Unsicherheiten oder Fragen jederzeit an Sie wenden kann. Wenn Sie den Eindruck haben, Ihr Kind spricht im Moment vielleicht lieber mit jemand anderem, könnte z.B. auch ein Onkel oder eine Tante ein/e Ansprechpartner*in sein.
Manche jüngeren Kinder haben noch kein Gefühl dafür, welche Gefahren damit verknüpft sein können, wenn sie Bilder von sich verschicken. Sie haben noch das Gefühl, dass sie die Situation in der Hand hätten, weil es sich um ihre Bilder handelt. Auch hier gilt es, auf die Gefahren hinzuweisen, ohne Angst zu machen.
Vereinbaren Sie, dass persönliche Daten wie Telefonnummer, Adresse, Urlaubsort, Sportverein und Schulanschrift nicht im Netz bekannt gegeben werden dürfen!
- Wendet sich Ihr Kind nach einer unangenehmen Erfahrung vertrauensvoll an Sie, dann loben Sie es dafür. Machen Sie dem Kind keine Vorwürfe, denn dann scheiden Sie als AnsprechpartnerIn zukünftig aus. Überlegen Sie gemeinsam, was weiter geschehen und wie man sich in Zukunft besser schützen kann.
Warnzeichen,
die hellhörig machen
sollten:
Machen Sie mit Ihrem Kind aus, dass es Ihnen sofort erzählt, wenn jemand im Internet ein Geheimnis mit ihm haben möchte! „Geheimnis“ ist in diesem Fall ein wichtiges Codewort. Wenn jemand so etwas zu Ihrem Kind sagt, überprüfen sie die Person am besten miteinander.
Sagt jemand sehr schnell zu Ihrem Kind, dass es sehr hübsch sei und fragt, ob jemand mit ihm zu Hause ist und was Ihr Kind gerade tut, ermutigen Sie Ihr Kind, zu lügen! Es kann z.B. sagen, dass die Mama oder der Papa eh da ist, aber gerade etwas anderes macht.
Was auch auffällig sein kann, ist, wenn die Person exakt die gleichen Interessen wie Ihr Kind hat und sich nach sehr kurzer Zeit gleich treffen will. Das ist für Jugendliche eher ungewöhnlich. Bestärken Sie Ihr Kind auch hier gut, auf sein Bauchgefühl zu hören!
TIPP:
Wichtig: Auch, wenn Sie Angst um Ihr Kind haben, respektieren Sie auf jeden Fall seine/ihre Privatsphäre! Schauen Sie sich keine Chats/ Nachrichten/ Tagebücher Ihres Kindes ohne sein Einverständnis an! Das ist ein großer Vertrauensbruch.
TIPP:
Zeigen Sie echtes Interesse, lassen Sie sich erzählen, was Ihr Kind im Internet macht und werten oder bewerten Sie dabei nicht. So sind Sie ein/e wichtige Ansprechpartner*in und Ihr Kind wendet sich von sich aus an Sie, wenn etwas sein sollte.
CHECK:
So kann man überprüfen, ob
jemand
real ist:
Besprechen Sie mit Ihrem Kind, wie man die Identität des Gegenübers überprüfen kann. Das geht relativ unkompliziert. Ihr Kind soll das Gegenüber auffordern, ein Selfie mit einem eindeutigen Merkmal zur Identifizierung zu schicken. Es geht darum, um ein Foto zu bitten, das man nicht im Internet findet.
- Dazu soll ihr Kind eine kleine Aufgabe stellen, z.B. ein Foto mit einer Milchpackung mit aktuellen Datum oder wo sich die Person ans linke Nasenloch tippt.
Achten Sie gemeinsam darauf, wie lange die andere Person dafür braucht. Bekommt man innerhalb kurzer Zeit das gewünschte Bild, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Kind auch tatsächlich mit der Person schreibt, die am Foto zu sehen ist und kein krimineller Erwachsener das Gegenüber ist.
- Man kann auch über Snapchat prüfen, ob die andere Person Bilder hochlädt, wo die Kamera ist und wie die Person aussieht.
Blind dates
Wenn Sie mit Ihrem Kind gemeinsam alle oben stehenden Punkte überprüft haben und Ihr Kind immer noch ein gutes Gefühl bei der Onlinebekanntschaft hat, kann irgendwann der Wunsch nach einem realen Treffen aufkommen. Kinder und Jugendliche schließen im Internet vielleicht neue Freundschaften oder haben Interesse an einer Liebesbeziehung. Gerade ab 12/13 Jahren wollen sie manchmal auch andere Leute kennenlernen als die „Langweiler“ aus ihrer Klasse.
Was sollten Sie bei einem Blind Date beachten?
- Legen Sie fest, dass Treffen mit Internetbekanntschaften ausschließlich an einem öffentlichen Ort stattfinden dürfen, z. B. in einem Café, Kinokomplex, dort, wo Personen fix angestellt sind. Ein Park ist für Jugendliche ein öffentlicher Ort, er eignet sich aber nicht für ein erstes Treffen mit einer Online-Bekanntschaft.
- Bestehen Sie darauf, dass sich Ihr Kind nach einer bestimmten Zeit bei Ihnen meldet, um mitzuteilen, ob alles in Ordnung ist. Verbieten Sie solche Treffen nicht generell, sonst werden sie häufig heimlich organisiert – ohne Schutzmöglichkeiten!
Bieten Sie an, das Treffen unauffällig zu begleiten oder lassen Sie andere Erwachsene mitgehen. Sie können einen Treffpunkt nach einer bestimmten Zeit vereinbaren oder Sie bleiben erstmal in der Nähe und schauen, wie die erste Begegnung läuft. Sie können z. B. ein paar Tische weiter den Beginn des Treffens beobachten. Wenn das Kind ein Zeichen gibt, das alles in Ordnung ist, können Sie sich beruhigt zurückziehen.
Besprechen Sie vorher, was Ihr Kind tun kann, wenn ihm die Person nicht gefällt und wie es sich aus der Affäre ziehen kann.
Beachten Sie die 3 L: Leute, Licht und Luft/ Lärm, sprich planen Sie das Treffen an einem öffentlichen Ort. Besprechen Sie mit Ihrem Kind, dass es auf keinen Fall mit jemand nach Hause gehen soll.
Was tun, wenn ihr Kind von Cybergrooming betroffen ist?
Auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie nicht in Panik zu verfallen, wenn Ihr Kind mit diesem Problem zu Ihnen kommt! Es ist ein großer Vertrauensbeweis, wenn Ihr Kind sich an Sie wendet!
Auch Strafen oder Schimpfen ist wenig hilfreich! Überlegen Sie besser gemeinsam, wie Ihr Kind da wieder hinauskommt und machen Sie gegenüber Ihrem Kind klar: Ich helfe dir dabei!
Als ersten Schritt ist es wichtig Groomer*in verbal zu vertreiben durch Sätze wie: „Was Sie machen ist strafbar, ich habe alles gespeichert.“
Sichern Sie Beweise, z. B. durch Screenshots.
Melden Sie Groomer*in sofort an die Betreiber des Chats/des sozialen Netzwerkes und blockieren Sie ihn/sie für das Kind.
Die Rechtslage bei Cybergrooming
Cybergrooming ist ein Straftatbestand nach §208 a. Ist Ihr Kind davon betroffen, nehmen Sie dies unbedingt ernst. Machen Sie in jedem Fall eine Anzeige – nur so kann den Täter*innen das Handwerk gelegt werden.
Für Grooming drohen bis zu 2 Jahren Haft. Auch die Absicht und der Aufbau von Kontakt zu Kindern mit sexuellen Absichten mit dem Ziel eines Treffens ist bereits strafbar. Es muss also nicht zu einem Treffen gekommen sein.
Belegen Sie alle Kontakte und Gespräche mit dem Täter mit Screenshots. Melden Sie den Groomer dann an die Betreiber des Chats oder sozialen Netzwerkes und blockieren Sie ihn. Bei Grooming ist es sehr wichtig, gleich zur Polizei gehen, da eine erwachsene Person vorhat, ein Kind zu missbrauchen.
Gut zu wissen: Alleine die Täuschung, wenn sich eine erwachsene Person als jemand ausgibt, der sie gar nicht ist, in einem Alter, das sie nicht hat, kann strafbar sein.
Wenn sich Jugendliche verlieben
Manchmal kann es auch vorkommen, dass Kinder oder Jugendliche sich in Groomer verlieben und kein Einsehen haben, dass sie von Cybergrooming betroffen sind. Fällt dies beispielswiese Onkel, Tante oder Eltern auf, ist es wichtig, immer wieder mit dem Kind oder Jugendlichen zu reden, nicht zu werten oder bewerten, sondern zu fragen, wie es ihm geht, wie der Kontakt so läuft und ob es noch andere Onlinekontakte gibt.
Es ist dann leichter für die Betroffenen, sich an eine Person zu wenden, mit der man reden kann und die das eh schon vermutet hat, aber mit dem Kind/Jugendlichen nicht deswegen geschimpft hat.
HAben Sie noch fragen?
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