Nachgefragt: Nora Imlau zum Thema "Grenzen setzen"
Wie und wann man Grenzen richtig setzt, ist auch eine der häufigsten Fragen, die in unserer Online-Videoberatung aufkommen. Wir freuen uns also, dass sich Nora Imlau die Zeit genommen hat, ein paar Fragen für die Elternseite zu diesem Thema zu beantworten.
Elternseite: Warum brauchen Kinder Grenzen?
Nora Imlau: Weil alle Menschen Grenzen brauchen – sie machen erfahrbar, was andere Menschen okay finden und was nicht. Zeigen Eltern ihren Kindern persönliche Grenzen auf, ohne sie zu beschämen und zu bestrafen, leben sie ihnen vor, dass jeder Mensch das Recht hat, Nein zu sagen – eine wichtige Botschaft für Kinder wie Erwachsene.
Elternseite: Viele Eltern haben in ihrer Kindheit Strafen und Verbote erlebt, ihre eigenen Grenzen wurden nicht gewahrt. Wie können sie Grenzen zugewandt vermitteln?
Nora Imlau: Indem ich klar, aber freundlich bleibe und Gefühle wie Frust oder Enttäuschung verständnisvoll begleite: „Du findest es gerade sehr schwer, das Tablet auszumachen. Das verstehe ich. Trotzdem ist deine Medienzeit jetzt vorbei. Magst du ausschalten oder soll ich? Danach können wir kuscheln und ein Buch lesen. Oder ich halte dich im Arm, bis du nicht mehr weinen musst.“
Elternseite: Wie können Eltern ihre Kinder vor Grenzüberschreitungen von anderen (Schule, Großfamilie) schützen?
Nora Imlau: Mit Selbstbewusstsein und innerer Klarheit: „Stop! Ich will nicht, dass mit meinem Kind so umgegangen wird!“ Das kostet Mut, ist aber wichtig: Wenn Kinder mitkriegen, dass Eltern ihre Grenzen wahren, trauen sie sich das später auch selbst.
Elternseite: Pubertierende probieren sich selbst gern aus, haben den Drang, Grenzen zu überschreiten. Können Eltern in der Pubertät überhaupt noch Grenzen setzen? Wenn ja, wie?
Nora Imlau: Je älter Kinder werden, desto mehr Freiheiten müssen Sie bekommen. Trotzdem können und dürfen Eltern einen Rahmen vorgeben. Wichtig ist dabei, Grenzen nicht mit Strafandrohungen zu verknüpfen, sondern zu erklären, warum eine Grenze wichtig ist. Grenzüberschreitungen werden trotzdem vorkommen, und müssen dann eben besprochen werden. In manchen Punkten dürfen sich Eltern aber auch schlicht unbeliebt machen – etwa, in dem sie dem Nachwuchs noch kein Piercing oder Tattoo erlauben. „Nein, das unterschreibe ich nicht“ sorgt vielleicht für Frust, erinnert Jugendliche aber auch daran, dass noch etwas Zeit vergeht, bis sie wirklich alles selbst entscheiden können.
Elternseite: Was raten Sie Eltern an Tagen, wo es nicht so gut läuft und der Frust groß ist?
Nora Imlau: Geduldig und großzügig mit sich selbst zu sein. Elternsein ist manchmal schwer, und jeder mit Kindern kennt schlechte Tage. Was hilft: Möglichst nett zu sich selbst und zu den Kindern sein. Gemeinsam Kakao trinken, einen Film schauen, kuscheln, ausruhen. Perfektionismus loslassen und den Fokus auf Verbindung legen. Dann kommen auch wieder bessere Tage.
Wir bedanken uns für das Interview!
- Über Nora Imlau:Nora Imlau ist Autorin mehrerer »Spiegel«-Bestseller, gefragte Speakerin und Journalistin für Familienthemen in Print- und Online-Medien, u.a. hat sie eine eigene Erziehungskolumne bei der Zeitschrift »Eltern«. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für die Rechte von Eltern, insbesondere Schwangeren, Kindern und Hebammen. Die vierfache Mutter gilt als eine der wichtigsten Stimmen einer neuen Elterngeneration, die ihren Kindern mit Vertrauen und Respekt begegnen will und nach Wegen sucht, die Bedürfnisse der Großen und Kleinen in einer Familie auf liebevolle Weise unter einen Hut zu kriegen.
- Mehr über Nora Umlau und ihre Bücher gibt es auf ihrer Website.